In der letzten Zeit war es mal wieder verdächtig ruhig hier. Zeit, dass es mal wieder Neuigkeiten gibt.
Wandern war schon immer eine meiner Leidenschaften. Nach vergangenen Urlauben im Bayerischen Wald und im Berchtesgadener Land in jüngerer Zeit habe ich für mich beschlossen, dass das Wandern eine Aktivität ist, die ich im Ruhestand intensivieren möchte. Damit habe ich heute endlich angefangen.
Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute vor der Haustür liegt? Ein bekannter deutscher Pilgerweg – der Sigwardsweg – führt durch meinen Heimatort und so bin ich mit diesem Weg heute gestartet.
Insgesamt ist der Sigwardsweg 174 km lang und führt – ausgehend von der alten Bistumsstadt MInden – durch das nordöstliche Nordrhein-Westfalen und die angrenzenden Gebiete Niedersachsens in den Landkreisen Schaumburg und Nienburg nach Minden zurück. Nähere Informationen zum Weg gibt es bei Wikipedia oder auf anderen einschlägigen Webseiten.
Meine erste Etappe heute war 22,5 km lang und führte von meinem Heimatort Haste nach Bad Rehburg. Ich nehme mir dabei die Freiheit, die Etappen anders einzuteilen, als das auf dem offiziellen Weg vorgesehen ist. Wo es wegnahe Besonderheiten gibt, baue ich auch mal einen kleinen Abstecher oder Umweg ein.
In Haste führte mein Weg zunächst zum Bahnhof, um dort in den Verlauf des Sigwardswegs einzusteigen. Durch den Bahnhofstunnel ging es dann auf dem Waldweg entlang der Straße in der Siedlung Waldfrieden. Schließlich biegt der Weg rechtwinklig in den Wald in Richtung Mittellandkanal ab.
Die Gegend meiner Heimat war in grauer Vorzeit von ausgedehnten Waldgebieten bedeckt. Noch heute deutet eine Vielzahl von Ortsnamen, die das Wort Hagen (für Gebiete, die durch Waldrodung entstanden sind) im Namen führen darauf hin. Heute haben die verbliebenen Waldstücke im Wesentlichen forstwirtschaftliche Bedeutung. Das zeigt sich insbesondere durch die für die Holzabfuhr mit schweren Fahrzeugen befestigten schnurgeraden Wege.
Kurz vor Erreichen der sogenannten Forstbrücke, die mich auf die Nordseite des Mittellandkanals bringen soll, fällt mir auf, dass hier die ansonsten durchweg hervorragende Beschilderung des Weges eine Lücke aufweist. Wer sich hier nicht auskennt, geht wegen eines fehlenden Richtungsschilds den Weg südlich des Kanals geradeaus in Richtung Wilhelmsdorf weiter und muss dann an der Brücke zwischen Wilhelmsdorf und Idensen die Kanalseite wechseln. Ich biege aber rechts ab und gehe zur Brücke hinauf. Oben an der Forstbrücke selbst ist dann wieder eine Wegmarkierung angebracht.
Nördlich des Kanals führt der Weg zunächst weiter im Wald, bis er dann schließlich den Waldrand und die Felder erreicht. Kurz vor Idensen gibt es eine Differenz zwischen der Ausschilderung des Weges und der gpx.Datei, die ich aus Komoot geladen habe. Während ich laut Komoot geradeaus weiter in Richtung auf das Wildgehege beim Yachthafen zugehen soll, weist die Ausschilderung nach rechts in Richtung Kolonie Idensen. Weil ich mich hier ganz gut auskenne und weiß, dass zwischen der Kreuzung und der meist recht schnell befahrenen Koloniestraße, an der es keinen Fußweg gibt, noch ein weiterer parallel laufende Feldweg in Richtung Idensen führt, entschließe ich mich, der Ausschilderung zu folgen. Die nimmt dann auch tatsächlich den parallelen Weg in Richtung Idensen.
Kurze Zeit später habe ich mit der romanischen Sigwardskirche meinen ersten Wegpunkt erreicht. das Storchennest auf dem Turm ist besetzt!
Im Jahr 1129 ließ der damalige Bischof Sigward von Minden die Kirche als seine Grabeskirche errichten. Am 21. Oktober 1134 wurde die Kirche geweiht und mit dem Tode des Bischofs Sigward im Jahre 1140 zu seiner Grabeskirche. Die wechselvolle Geschichte kann auf der Homepage der Sigwardskirche nachgelesen werden.
Leider ist die Kirche zu. Meinen Stempel muss ich mir dann wohl zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal holen.
Danach geht es weiter, zunächst auf dem straßenbegleitenden Geh- und Radweg an der Straße entlang in Richtung Mesmerode. Am Ortsausgang Idensens in Richtung Mesmerode steht auf einer Wiese ein hölzerner Torbogen eines alten Scheunentors.

Kurz vor Mesmerode zweigt der Weg dann nach links in die Felder und Wiesen entlang der Westaue ab. Auf einer Wiese in einiger Entfernung vom Weg sehe ich insgesamt sieben Störche. Zum Fotografieren sind sie allerdings zu weit weg. Dafür zeugen massive Fraßspuren an den Weiden entlang der Aue davon, dass auch hier der Biber wieder heimisch geworden ist.

Über die bereits im Jahr 1806 unter napoleonischer Herrschaft erbaute Rundbogenbrücke der Idenser Straße überquere ich die Westaue, die sich kurz vor dieser Brücke aus dem Zusammenfluss der Rodenberger Aue und der Sachsenhäger Aue gebildet hat, und erreiche kurz darauf das sogenannte Dreiländereck.
An dieser Stelle trafen die Grenzen der Grafschaft Schaumburg, die zum Kurfürstentum Hessen-Kassel gehörte, des Fürstentums Schaumburg-Lippe sowie des Königreichs Hannover zusammen. Ein hölzerner Pfahl, an dem die drei Wappen der Herrschaftsgebiete angebracht sind, markiert diese Stelle.




Vom Kreisel am Dreiländereck aus führt der Sigwardsweg dann weiter auf dem straßenbegleitenden Geh- und Radweg entlang der Straße von Auhagen nach Hagenburg. Etwa auf halber Strecke zwischen dem Kreisel und dem Ortseingang von Hagenburg biegt der Weg nach links in den Wald ab. Durch den Wald geht es dann zunächst flach, später steiler ansteigend in Richtung Düdinghausen.
In Düdinghausen lege ich einen kurzen Abstecher ein, um mir eine Sehenswürdigkeit anzusehen, die ich bislang nicht kannte und auf die ich erst im Zuge der Vorbereitungen auf diese Etappe gestoßen bin. Beim Abriss einer Scheune in der Nähe des heutigen Gasthauses „Zur Erholung“ im Jahre 1909 wurde dort eine Sandsteinplastik eines griechischen Pans oder Fauns gefunden. Der kuriose Fund machte schnell als „de Düwel von Düdinghausen“ (der Teufel von Düdinghausen) die Runde. Historiker gehen davon aus, dass die Plastik zunächst im Schloss Sachsenhagen verbaut war und später – wie auch immer – in der Scheune landete. Ähnliche Plastiken wurden auch an den Kaminsimsen des Schlosses in Stadthagen gefunden.
Anfang der 1920er Jahre kaufte ein Pastor die Plastik und zerschlug sie. Religiösen Fanatismus gibt es schon seit Ewigkeiten und er treibt leider immer wieder auch bis in die heutige Zeit seine Blüten.
Zum 900-jährigen Bestehen der Grafschaft Schaumburg im Jahre 2010 inszenierte die Schaumburger Landschaft im Gasthaus „Zur Erholung“ ein Event, in dessen Folge im Auftrag der Gemeinde Düdinghausen und der Betreiberfamilie des Gasthauses durch einen Bildhauer nach Originalbildern eine Kopie der Plastik angefertigt wurde. Die Plastik ist heute im Biergarten des Gasthauses ausgestellt.
Inzwischen habe ich fast zwei Drittel meiner heutigen Etappe hinter mich gebracht und es nähert sich die Mittagszeit. Am Waldrand oberhalb der Ortsmitte von Düdinghausen befindet sich ein Spiel- und Rastplatz. Dort mache ich eine Pause und esse meine mitgebrachten Brote.
Dann geht der Weg weiter durch den Wald auf bzw. leicht seitlich des Kamms der Rehburger Berge. Auch hier dominiert die Forstwirtschaft. Der Weg ist durch schwere Fahrzeuge zur Holzernte sehr stark zerfahren und schlammig. Außerdem sind in regelmäßigen Abständen, ca. alle 50 Meter, Rückeschneisen in den Wald geschlagen.
Im Verlauf des Weges passiere ich zunächst den Düdinghäuser Berg, bis ich auf die Straße von Sachsenhagen nach Bergkirchen und Wölpinghausen treffe. Ich folge dieser Straße in Richtung Bad Rehburg.
Mein nächstes Ziel ist die Kirche St. Katharinen in Bergkirchen. Auch diese Kirche wurde – wie die Sigwardskirche – im 12. Jahrhundert im romanischen Stil erbaut, allerdings ist die Kirche in mehreren Abschnitten nach und nach erweitert worden, unter anderem durch ein Querschiff im gotischen Stil.


Die Kirche ist offen, sodass ich sie auch von innen besichtigen kann. Hier kann ich mir auch meinen Stempel holen und mich ins Pilgerbuch eintragen.
Gegenüber der Kirche liegt der Pfarrhof. Das ursprünglich als Wohnhaus für den Pastor errichtete Haus wurde mehrfach umgebaut und erweitert und dient heute der schaumburg-lippeschen Landeskirche als Tagungsstätte. Im Garten der Kirche ist der Küster mit Gartenarbeiten beschäftigt. Er öffnet mir freundlicherweise auf Nachfrage den Pfarrhof, sodass ich dort die Toilette benutzen kann.
Mein Weg führt mich dann weiter auf der Hauptstraße durch den Ort. Kurz hinter dem Ortsausgang in Richtung Wölpinghausen steht auf der rechten Straßenseite ein großes hölzernes Kreuz.
Das Kreuz wurde am 18. Mai 2000, dem Himmelfahrtstag, dort aufgestellt. Die Initiative geht auf den damaligen Landesbischof der evangelischen schaumburg-lippeschen Landeskirche, Heinrich Hermanns, zurück. Das Kreuz wurde von der inzwischen verstorbenen Feggendorfer Künstlerin Regina Piesbergen geschaffen und soll als Symbol für Leiden und Erlösung, Sterben und Auferstehung stehen und an die Geburt Jesu Christi vor damals 2000 Jahren erinnern.
Vom Kreuz aus, das hier direkt auf dem Bergrücken steht, hat man einen der hier aufgrund der dichten Bebauung leider seltenen Ausblicke auf das Steinhuder Meer.

Auf dem weiteren Weg erreiche ich nach kurzer Zeit die Ortschaft Wölpinghausen. Am nördlichen Ortsrand, fast schon wieder außerhalb des Ortes, liegt das Matteschlösschen.

Das Gebäude wurde im Jahre 1898 im Auftrag eine Rehburger Arztes als Erholungsstätte für seine Patienten erbaut. Es entwickelte sich vor dem ersten Weltkrieg – auch infolge des Baus der Steinhuder Meer-Bahn von Wunstorf nach Bad Rehburg – zu einem beliebten Ausflugsziel. Im ersten Weltkrieg diente das Gebäude als Lazarett, nach dem zweiten Weltkrieg dann zunächst als katholische Behelfskirche. Danach wurde es wieder zu einem beliebten Ausflugs- und Tanzlokal, bevor es mit dem Ende der Steinhuder Meer-Bahn als Ausflugsziel zunehmend unattraktiver wurde und schließlich mehr und mehr verfiel. Seit Mitte der 1980er Jahre ist das Haus in Privatbesitz und wurde mehrfach umfassend renoviert.
Hinter dem Schlösschen führt der Weg wieder in den Wald. Nach kurzer Entfernung erreiche ich dann den Wilhelmsturm.
Auf den Fundamenten eines unvollendeten Hauses, das dem Grafen Wilhelm zu Schaumburg-Lippe in den 1770er Jahren als Rückzugsort diente und das später abgetragen und in Bad Nenndorf als Apotheke wieder aufgebaut wurde, ließ Fürst Georg Wilhelm zu Schaumburg-Lippe im Jahre 1848 den Turm errichten.
Der Weg führt nun weiter bergab auf mein heutiges Etappenziel zu. Kurz bevor ich den Ort Bad Rehburg erreiche, komme ich noch an der Friederikenkapelle vorbei. Die Waldkapelle wurde von König Ernst August I. von Hannover dem Kurort Bad Rehburg gestiftet und nach seiner Frau Friederike benannt. Ausschlaggebend war ein Kuraufenthalt der Königin in Bad Rehburg im Jahre 1840.
Leider ist auch diese Kapelle verschlossen, sodass ich das Innere nicht besichtigen kann. Noch heute finden in regelmäßigen Abständen Gottesdienste und Konzerte in der Kapelle statt.

Durch den Kurpark von Bad Rehburg, vorbei am historischen Badehaus, erreiche ich dann schließlich – deutlich früher als in meiner Planung erwartet – mein heutiges Etappenziel.
Die Etappe habe ich im Komoot aufgezeichnet. Hier könnt ihr euch den Weg noch einmal anschauen.
Das klingt nach einer schönen Wanderung! Einige der Sehenswürdigkeiten kannte ich auch noch nicht!
Danke für den Kommentar. Ich bin gespannt, was mich auf den weiteren Etappen des Weges noch erwartet.
Ich stimme Rebecca zu, das sah wirklich nach einer schönen Tour aus. Schade, dass du einen Stempel verpasst hast, aber da kannst du ja wahrscheinlich mit dem Rad noch mal hinfahren und dir den separat holen.
Und wenn du die Stempel voll hast, kommst du hier her und wir machen den Goldsteig, inkl. Stempel 😉
Ja, genau das habe ich vor. Ich war zu früh unterwegs. Ich habe jetzt gelesen, dass die Sigwardskirche immer erst um 10:00 Uhr geöffnet wird.
Das mit dem Goldsteig ist eine gute Idee!