Nach meiner ersten Etappe auf dem Sigwardsweg in der vergangenen Woche folgt nun heute gleich die nächste Etappe. Ich lasse mal die Nummerierung der Etappen weg, denn es wird im weiteren Verlauf wohl etwas durcheinander gehen. Insgesamt werde ich den Weg aber in Gänze absolvieren.
Heute geht es von Haste aus in die andere Richtung. Warum setze ich nicht in Bad Rehburg wieder an? Ganz einfach: Bad Rehburg hatte ich bei meiner Planung als Etappenziel ausgewählt, weil die Entfernung von Haste dorthin für eine Tagesetappe für mich einfach passend war. Was ich jedoch nicht bedacht hatte: Die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln von und nach Bad Rehburg ist – gerade am Wochenende und an Feiertagen wir heute – eher bescheiden. Da ich diese Woche keinen Fahrdienst habe (Monika ist anderweitig unterwegs), gehe ich also wieder in Haste los. Diesmal geht es aber in die andere Richtung und ich habe mir heute Apelern als Ziel auserkoren. Von dort aus fährt auch an Sonn- und Feiertagen jede Stunde ein Bus nach Haste zum Bahnhof.
Bereits als heute Morgen mein Wecker klingelte, schien die Sonne strahlend vom wolkenlosen Himmel. Das Thermometer zeigt um 08:30 Uhr, als ich losgegangen bin, allerdings nur 12°C an. Darum entschied ich mich zunächst für eine leichte Jacke und lange Hosenbeine. Die Jacke verschwand bereits am Friedhof in Haste im Rucksack und noch bevor ich Riehe erreicht hatte, habe ich mich auch meiner langen Hosenbeine entledigt.
Während auf der letzten Etappe die Forstwirtschaft dominierendes Element entlang des Weges war, ist es auf der heutigen Etappe die Agrarindustrie. Ja, das meine ich so, wie ich es geschrieben habe. Mein Weg führte heute weitgehend abseits der öffentlichen Straßen auf landwirtschaftlichen Nutzwegen. Die riesigen Ackerflächen rechts und links der Wege sind mit Getreide, Raps und wenige Flächen auch mir Rüben bewirtschaftet. Während ich mich auf der letzten Etappe noch durch schattige Wälder bewegen konnte, brannte heute die Sonne auf den überwiegend freien Flächen unbarmherzig vom Himmel. Am Ziel in Apelern zeigte das Thermometer 28°C. Ich war deshalb froh um meinen Hut, der mir wenigsten am Kopf und im Nacken etwas Schatten bot.
Die landwirtschaftliche Prägung der Gegend spiegelt sich auch in Details am Weg, zum Beispiel in der Architektur wider. Gerade Riehe und Waltringhausen sind noch sehr ländliche Dörfer. Hier sind viele der alten landwirtschaftlichen Gebäude erhalten geblieben und sieht man entlang des Weges immer wieder Höfe, bei denen die typischen großen Scheunen mit ihren weit heruntergezogenen Schleppdächern anzutreffen sind. Unter diesen Dächern konnte man in früheren Zeiten auch mal schnell ein Fuhrwerk mit Heu, Stroh oder Getreide abstellen, wenn man während der Ernte von Regen überrascht wurde.

Ein weiteres Detail ist mir heute aufgefallen, auf das ich bislang nie geachtet habe: Gerade in den genannten Dörfer sind viele der früher allgegenwärtigen Milchbänke erhalten geblieben. In meiner Kindheit gab es diese Milchbänke vor nahezu jedem landwirtschaftlichen Betrieb. Sie dienten dazu, die Milchkannen darauf abzustellen, damit der Fahrer des Sammelwagens der Molkerei den Höhenunterschied zwischen der Straßenebene und der Ladefläche des Sammelfahrzeugs leichter überwinden konnte und die schweren Kannen nicht bis auf die gesamte Höhe der Ladefläche heben musste. In Riehe steht sogar noch eine Milchbank, auf der der Besitzer einige alte Milchkannen platziert hat.




Der Weg ging heute wieder am Bahnhof in Haste los und führte am Friedhof vorbei über den Feldweg in Richtung Helsinghausen. Hier geht man zunächst ins Dorf hinein, um dann aber mitten im Dorf gleich wieder links abzubiegen. Über einen zunächst befestigten, später unbefestigten Feldweg erreicht man schließlich den asphaltierten Hauptweg von Riehe in Richtung Haste.
Diesem Weg folge ich weiter nach Riehe. Im Dorf treffe ich auf die Hauptstraße und folge dieser weiter bis nach Waltringhausen. Etwa auf halber Strecke zwischen Riehe und Waltrinhausen steht am Straßenrand eine alte Pumpe und ein Hunt.

An dieser Stelle befand sich bis zum Bau der Wasserleitung im Jahr 1960 der Dorfbrunnen von Riehe. Der örtliche Bergmannsverein hat diesen Platz 1986 hergerichtet und pflegt ihn bis heute. Daher ist – in Erinnerung an die Bergbautradition des Schaumburger Kohlebergbaus – dort auch die Lore aufgestellt.
In Waltringhausen stehen mitten im Dorf die Überreste einer alten Windmühle.

Im Jahre 1859 wurde hier zunächst eine Wassermühle gebaut. Diese Mühle musste aber sehr bald wieder aufgegeben werden, nachdem der Radbach, der die Wassermühle antrieb, infolge des Abteufen eines Kohleschachts im benachbarten Bantorf nicht mehr genug Wasser lieferte. Danach wurde die Mühle 45 Jahre lang mit Windkraft betrieben, bevor im Jahr 1904 im Zuge eines Umbaus ein erster Motor eingebaut wurde. Trotzdem wurde die Mühle bei guten Windverhältnissen weiterhin mit Windkraft betrieben, bis ein Orkan im Jahr 1941 die Flügel der Mühle abriss. Der Kopf der Mühle wurde daraufhin abgebaut und durch ein normales Dach ersetzt.
Der dreigeschossige Anbau links der Mühle entstand in den 1950er Jahren. 1970 wurde das Mahlwerk aus der Mühle in den Anbau umgebaut. Erst im Jahre 1998 wurde der Betrieb der Mühle eingestellt.
Ein Stück weiter den Weg entlang steht an der Straße ein Glockenturm.
Die Glocke in diesem Turm wurde zunächst im Jahr 1786 im damaligen Schulgebäude als Bet- und Stundenglocke aufgehängt. Am 31.07.1970 wurde der Schulbetrieb in Waltringhausen eingestellt und das Schulgebäude im Jahr 1974 abgerissen. Die Glocke sollte in jedem Fall erhalten bleiben und so wurde der Glockenturm errichtet, die Glocke darin aufgehängt und am Silvestertag 1976 wurde der neue Glockenturm eingeweiht. Die Glocke läutet – wie seit jeher – täglich um 07:00 Uhr, um 11:00 Uhr und um 17:00 Uhr.
Von Waltringhausen aus führt der Weg dann weiter über den Bahnübergang der Deisterbahn in das Gewerbegebiet. Am Firmengebäude von Möbel Heinrich entlang überquert man die Bundesstraße und geht dann weiter bergan durch den Ortsteil Höhenluft auf den Galenberg. Vom höchsten Punkt der Erhebung hat man einen fantastischen Blick zu beiden Seiten. Richtung Norden schaut man weit in die norddeutsche Tiefebene.

Richtung Süden fällt der Blick über die Felder auf den Deister.

Dem weiteren Verlauf des Sigwardswegs folgend gibt es dann mal wieder eine Abweichung zwischen der Ausschilderung und dem gpx-Track in der App. Laut Ausschilderung führt der Weg geradeaus weiter die Buchenallee hinunter. Der gpx-Track biegt nach rechts in die Hohle Straße ab. Ich entschließe mich, der Ausschilderung zu folgen und erkenne nach kurzer Zeit den Grund für die Abweichung.
In Bad Nenndorf soll im Jahr 2026 die Landesgartenschau Niedersachsen stattfinden. Ich bin erklärte Gegner dieser Veranstaltung, weil ich der Meinung bin, dass die LaGa ausschließlich einem Zweck dient: Der amtierende Samtgemeindebürgermeister Mike Schmidt will sich mit diesem Event ein Denkmal setzen. Meiner Meinung nach wären die nahezu 30 Millionen Euro, die das Projekt verschlingt, an anderer Stelle – beispielsweise bei der Verbesserung der Infrastruktur innerhalb der Stadt und Samtgemeinde – deutlich besser investiert gewesen.
Infolge der Bauarbeiten zur Vorbereitung auf die Landesgartenschau (sie soll übrigens genau heute in einem Jahr eröffnet werden) sind weite Bereiche des Kurparks auch am Galenberg bereits jetzt eingezäunt und damit der öffentlichen Nutzung entzogen. Auch der Verlauf des Sigwardswegs ist von diesen Absperrungen betroffen. Ich ignoriere die Absperrungen einfach, setze meinen Weg fort und erreiche kurz darauf die St. Godehardi-Kirche in Bad Nenndorf.



Schon von außen kann ich in der Kirche Orgelmusik hören. Ich öffne vorsichtig die Tür und schaue hinein. Die Kirche ist leer und so trete ich ein. Drinnen spielt jemand klassische Musik auf der Orgel. Ich setze mich still auf einen Stuhl und genieße den Moment.

Als das Stück (ich kannte es nicht, hätte es aber von der Art der Musik her der Familie Bach zugeordnet) beendet ist, applaudiere ich leise. Die Person, die die Orgel spielt gibt sich aber von der Empore herab nicht zu erkennen. Als das Stück dann von vorn beginnt, stehe ich leise auf, hole mir an einem Tisch in einer Ecke der Kirche meinen Stempel und verlasse die Kirche leise wieder.
Über die Hauptstraße und die Kurpromenade gehe ich weiter am Hotel Esplanade vorbei, überquere die Bahnhofstraße und gehe weiter geradeaus in die Wilhelmstraße. Dort liegt die katholische Kirche Maria vom Heiligen Rosenkranz.

Die Kirche wurde im Jahr 1896 erbaut und im Jahr 1954 um einen seitlichen Anbau erweitert. Daraus ergibt sich innen eine etwas eigentümliche Form. Der Altar ist in der Mitte des ehemaligen Langschiffes errichtet und zeigt mit der Front in Richtung des neuen Anbaus, sodass aus dem ehemaligen Langschiff quasi zwei Seitenflügel werden.


Leider gibt es hier keinen Pilgerstempel (oder ich habe ihn nicht gefunden).
Ich gehe die Wilhelmstraße weiter entlang und treffe auf die ehemalige Bahntrasse der Süntelbahn. In Bad Nenndorf ist auf der Trasse nach dem Rückbau ein Geh- und Radweg angelegt worden. Diesem Weg folge ich nun nach Rodenberg, überquere erneut die Bundesstraße 442 und gehe durch den Ortsteil Grove in Richtung auf das Stadtzentrum zu.
Pünktlich mit dem ersten Glockenschlag des Mittagsläutens um 12:00 Uhr erreiche ist die evangelische St. Jacobi-Kirche.

Bereits sei 840 gab es in Grove eine Kapelle. Die Ursprünge dieser Kirche reichen bis in das Jahr 1040 zurück. Das derzeitige Gebäude stammt im Wesentlichen wohl aus dem Jahre 1437 und wurde lediglich durch den Abbruch eines Kreuzschiffes und Anbau einer Sakristei im Jahre 1932 verändert.
Die Kirche ist heute leider verschlossen. Als ich gerade weitergehen will kommt der Küster aus der Sakristei, der offensichtlich das Geläut gestartet hat. Ich frage nach einem Pilgerstempel. Er erklärt, dass es einen Pilgerstempel gibt, aber der befindet sich im Gemeindebüro und ist dort nur zu den Öffnungszeiten zu bekommen. Der Küster hat leider keinen Schlüssel für das Gemeindebüro.
Von der Kirche aus gehe ich weiter zum Burggarten. Ich setze mich auf eine Bank im Schatten unter einen Baum und verzehre meine mitgebrachten Brote. Dann gehe ich weiter über die Wallanlagen um die Burg herum.

Der Weg führt von dort aus weiter in Richtung auf den Amtsplatz, auf dem heute offensichtlich ein Fest stattfindet. Ich lasse den Platz seitlich liegen und folge der Amtsstraße zur Bundesstraße. An der geht es ein Stück entlang in Richtung Apelern. Am Schwimmbad zweigt dann der Sigwardsweg wieder von der Bundesstraße ab. Am Sportplatz entlang geht es weiter in Richtung der Domäne. An der alten Maschmühle stehen zwei Esel auf einer schattigen Weide.

Über das offene Feld geht es dann auf überwiegend unbefestigten Feldwegen nach Apelern. Der letzte Abschnitt führt dann wieder etwas schattiger unter den Bäumen am Riesbach entlang in den Ort. Hier habe ich dann auch bald mein heutiges Etappenziel, die evangelische Kirche, erreicht.
Das ehemalige Bistum Minden wurde im Jahre 787 gegründet und in fünf Archediakonate unterteilt. Um das Jahr 800 herum wurde das Archediakonat Apelern gegründet und eine erste hölzerne Kirche erbaut. Apelern war der Hauptort im alten sächsischen Buckigau und schon damals Gerichts- und Thingstätte.
Vor der heutigen steinernen Kirche muss es bereits einen dreischiffigen Hallenbau aus romanischer Zeit gegeben haben, dessen Reste bei einer Grundrenovierung der Kirche im Jahr 1966 gefunden wurden. Der heutige zweischiffige Kirchenbau geht wohl auf das Jahr 1150 zurück.
An die Kirche sind zwei Grablegen angebaut. Direkt zum Kirchplatz hin, an den Turm angebaut, befindet sich das im Jahr 1590 im Stil der Weserrenaissance gestaltete Mausoleum der Familie von Münchhausen.

An die Nordwand des Chorraumes wurde im Jahr 1762 das Erbbegräbnis der Familie von Hammerstein angebaut.

Ende des 19. Jahrhunderts endete die Nutzung dieser Grabstätte und im Jahre 1952 wurde in diesen Teil des Gebäudes die heutige Sakristei eingebaut.
Nachdem ich die Kirche – die leider ebenfalls zu ist – umrundet habe, habe gehe ich zum Marktplatz, von wo aus mich der Bus kurze Zeit später nach Haste zurück bringt.
Auch diese Etappe könnt ihr euch auf Komoot ansehen: